10/09/2025
Danke, liebe Inga Hauser! 😍
Wie Tanzen eine gute Bindung zum Hund schafft – oder so
Ich bin neulich auf einen FB-Post gestoßen, in dem Dogdancing als sinnvolles Hobby für Mensch und Hund vorgestellt wurde. Man sieht teilweise bunt gekleidete Damen, die zu netter Musik zusammen mit ihren Hunden Tanzschritte machen, die Hunde machen Tricks, die sie gelernt haben, die Damen bewegen sich anmutig dazu und geben die entsprechenden Kommandos, z.B. „Twist“, „Füße“ usw., der Hund hopst dementsprechend mit und wird, natürlich, mit Leckerlis belohnt.
Das Ganze wird beschrieben als sinnvolle Beschäftigung für Mensch und Hund, das dazu führt, dass die Bindung zwischen beiden gestärkt wird.
Ich hätte ja die Klappe halten sollen, aber ich hab trotzdem was dazu geschrieben und zwar Folgendes:
„Was hat das mit Bindung zu tun? Der Mensch gibt Kommandos, der Hund befolgt sie, der Hund wird belohnt, der Mensch ist zufrieden und gibt weiterhin Kommandos. Eine solche "Bindung" ist Abhängigkeit, Freundschaft sieht anders aus.“
Uiuiuiui.
Da hab ich offenbar was getriggert, das war wirklich interessant. Von „Und jemand mit so wenig Ahnung arbeitet in ner HuSchu. Da weiß man ja warum soviele Problemhunde auf der Welt rumlaufen“ bis zu „Bei solchen Aussagen, Leute, tut eurem Hund einen Gefallen und rennt so schnell ihr könnt weg“, war einiges dabei und noch mehr.
Nun hat mich das weniger berührt als die Tatsache, dass die Vorstellung von „Bindung“ so zementiert ist. Zementiert auf dieses Leistungs-Belohnungs-Verhältnis, das dem zugrunde liegt. Was ist denn jetzt diese „Bindung“?
Ich sags gleich vorneweg, ich bin keine studierte Psychologin und kann daher nicht mit wissenschaftlich fundierten Definitionen aufwarten. Das können die, die mir ihre Verachtung entgegengeschleudert haben, auch nicht, aber egal. Trotzdem ist da aber, trotz fehlender wissenschaftlicher Basis, wohl der grundlegende Unterschied: für mich bedeutet „Bindung“, wenn ich schon den Begriff gebrauchen möchte, „Freundschaft“. Besser würde mir „Verbindung“ passen, denn „Bindung“ als Wort beinhaltet für mich ja wieder ein Abhängigkeitsverhältnis. Wer bindet sich denn freiwillig an jemanden? Wenn man dem Jemand unbedingt vertraut und ihn für so wichtig hält in seinem Leben, dass man ihn braucht, um zurecht zu kommen in der Welt. Das trifft für unsere Hunde, so wie ich es verstehe, auf jeden Fall zu! Sie binden sich tatsächlich sehr gerne und unter den widrigsten Bedingungen an uns und sind dabei von einer Arglosigkeit, die mich manchmal beschämt. Und ohne Frage liegt diese „Bindung“ auch in der Natur der Sache, dass wir Menschen nun mal die Ersatzrolle der Hundeeltern einnehmen. Aber damit gehe ich eine große Verantwortung ein, und die kann nicht damit erfüllt werden, indem ich den Hund damit beschäftige, was sich Menschen ausgedacht haben, um Hunde zu beschäftigen.
„Verbinden“ hat für mich schon eher was mit Freiwilligkeit zu tun, und das ist das, was ich mir wünsche, wenn ich mit Hunden zusammenlebe.
Ich finde es sehr bedauerlich, wenn Bindung so verstanden wird, dass durch möglichst viel Beschäftigung wie DogDance, Agility, Longieren und weiß der Geier was man sich ausdenkt, so etwas wie eine tiefere Beziehung hergestellt wird. Abgesehen von dem Beschäftigungswahn, der damit befeuert wird, stelle ich mir die Frage, warum Hunde so dermaßen unterschätzt werden und ihre natürlichen Begabungen, mit denen sie uns Menschen locker in die Tasche stecken, damit einfach wegignoriert werden. Als würde ein Hund nur darauf warten, dass man mit ihm einen Zirkus aufführt. Als wäre der Spaziergang, der für den Hund das absolute Highlight des Tages ist – wenn er denn seinen Bedürfnissen angepasst ist und man ihn in Ruhe erkunden lässt und daran mit aufrichtiger Bewunderung teilnimmt – nicht genau das, was seinen Bedürfnissen am nächsten kommt.
Und jetzt komme ich wieder zum Begriff „Bindung“ und „Verbindung“ zurück. Wenn ich etwas wirklich gemeinsam mache mit dem Hund, dann bedeutet das für mich, dass ich seine Bedürfnisse genauso hoch ansetze wie meine. Natürlich kann ich das nur in einem für unsere Umwelt vertretbaren Rahmen machen – ich lasse meinen Hund nicht hinter Wild nachhetzen und auch nicht andere vermöbeln, wenn ihm danach ist -, insofern muss ich ja eh schon einen Rahmen vorgeben, aber innerhalb dieses Rahmens kann ich eine Verbindung erreichen, wo der Anteil des Hundes genauso groß ist wie meiner. Denn Hunde sind sehr bereit, Einschränkungen ihres Handlungsspielraumes zu akzeptieren, wenn sie wissen, dass ihr Mensch sie mit all dem, was sie uns anbieten, voll und ganz akzeptiert und den Respekt entgegenbringt, den sie verdienen. Das nenne ich dann Verbindung. Eine „Bindung“, bei der sich der andere an mich bindet oder ich an ihn, das brauche ich nicht. Freundschaft ist mir lieber.