03/10/2025
Reiten aus der Biomechanik des Pferdes
mein Blick darauf
Wenn ich mit Pferden arbeite, dann denke ich nicht zuerst an Lektionen, Prüfungen oder schöne Bilder von außen.
Ich denke an den Körper des Pferdes. An Knochen, Muskeln, Sehnen, an das, was es stark macht und gleichzeitig verletzlich.
Denn Biomechanik ist für mich nichts Abgehobenes aus dem Lehrbuch, sondern die Grundlage für gesunde Partnerschaft.
Das Pferd ist kein „Tragetier“
Von Natur aus ist der Rücken des Pferdes nicht dafür gemacht, uns Menschen zu tragen. Es ist ein Lauftier, perfekt gebaut, um sich schnell, wendig und ausdauernd fortzubewegen. Setzen wir uns oben drauf, verändern wir sein Gleichgewicht und belasten Strukturen, die dafür eigentlich nicht vorgesehen sind.
Und genau da fängt für mich Horsemanship an:
Verantwortung zu übernehmen.
Training heißt: Tragkraft entwickeln
Wenn ich ein Pferd gymnastiziere, dann nicht, weil es „schöner aussehen“ soll, sondern weil es lernen muss, wie es meinen Körper im Einklang mit seinem eigenen trägt.
Die Hinterhand muss kräftiger werden, um Last aufzunehmen.
Der Rücken muss loslassen, damit er schwingen kann.
Der ganze Körper soll ins Gleichgewicht kommen, nicht nur für heute, sondern für viele Jahre.
Der Reiter ist Teil der Gleichung
Auch wir Reiter sind biomechanisch gesehen Teil des Systems. Sitze ich schief, klemme ich, halte ich fest, dann spürt das Pferd das sofort. Es kompensiert, verspannt, stolpert vielleicht.
Darum arbeite ich genauso an meinem eigenen Körper wie am Pferd: Balance, Gefühl, Losgelassenheit.
Eine einfache Grundübung: Übergänge reiten
Wenn ich nach der Biomechanik arbeite, fange ich fast immer mit einer simplen, aber sehr wirksamen Übung an: Übergänge.
Warum?
Sie aktivieren die Hinterhand, weil das Pferd mehr Last aufnehmen muss.
Sie mobilisieren den Rücken, weil das Pferd zwischen Vorwärts und Zurückschwingen lernt.
Sie verbessern das Gleichgewicht, weil das Pferd lernt, sein Gewicht zu sortieren.
So kannst du starten:
Reite auf einer großen gebogenen Linie, z. B. Zirkel.
Wechsel zwischen Schritt und Trab, ruhig alle paar Tritte.
Achte darauf, dass dein Pferd nicht eilig in den Trab „fällt“, sondern bewusst aus dem Hinterbein heraus antrabt.
Beim Zurück in den Schritt: Nicht ziehen! Lieber mit Sitz und Atmung einladen, Tempo rausnehmen, bis das Pferd von selbst zurückkommt.
Ziel: Viele kleine, saubere Übergänge, erst unregelmäßig, dann immer präziser.
Das Schöne ist: Diese Übung braucht keine Hilfsmittel, sie ist überall machbar und wirkt sofort positiv auf die Biomechanik des Pferdes.
Mein Fazit:
Reiten mit biomechanischem Verständnis bedeutet für mich:
Nicht nur das Pferd „schöner“ machen, sondern es gesünder machen.
Nicht nur die eigenen Ziele im Blick haben, sondern das Pferd als Partner achten.
Verstehen, dass jeder Schritt, jede Übung, jede Hilfe einen Einfluss auf die Muskulatur, Gelenke und Bewegungsabläufe hat.
Wenn wir das begreifen, wird Reiten zu etwas viel Größerem: zu echter Zusammenarbeit im Einklang mit der Natur des Pferdes.
Das Thema "Biomechanik" ist auch immer in meinen Kursen und auch in meinen Büchern vertreten. Wenn wir Pferde gesunderhalten möchten, kommen wir um das Verständnis der Biomechanik nicht herum.
Habt ihr euch schon mit diesem Thema beschäftigt?