21/07/2025
Dankeschön von Herzen für diesen ehrlichen Text. 🙏
Auch das müssen wir tagtäglich neben unserer Herzensaufgabe alles abfedern und es nimmt viel zu viel Zeit in Anspruch,die wir lieber in unsere Tiere stecken möchten
Weil’s in vielen Tierheimen sehr aktuell ist…
Warum wir nicht alles geben können und sollten, was mittlerweile von uns verlangt wird:
Die menschliche Komponente in unserer Arbeit war schon immer sehr ausgeprägt. So präsent, dass man sich stets wunderte, wenn an dem Job Interessierte angaben, sie würden gerne in einem Tierheim arbeiten, weil sie „die Menschen“ nicht ertragen könnten. Wer jemals einen Hauch Tierheimalltag mitbekommen hat, dem ist sogar als Außenstehender klar: Ohne eine positive Grundeinstellung zu unseren Artgenossen oder eine gewisse Offenheit ihnen gegenüber kann man den Job nicht machen. Gefühlt war es auch schon immer so, dass man als Tierheimmitarbeiter eine Art Seelsorge praktizieren musste, obgleich man erfahren oder ausgebildet war darin oder man „einfach nur“ seinen Instinkten folgte, wenn eine Person in emotionaler Not beschloss, sich und ihr Innerstes mitzuteilen.
Heute, in Zeiten immer präsenter und häufiger werdenden persönlichen Unzulänglichkeiten sowie psychischer Verstimmungen oder Erkrankungen, ist die menschliche Komponente so raumnehmend, dass wir permanent diesen Raum begrenzen müssen, um denjenigen nicht verloren zu gehen, die in erster Linie unsere Hilfe, Fürsorge und Energie brauchen: Unsere Tiere, die an allererster Stelle stehen. Im Bezug auf Menschen beraten wir in erster Linie zu ihrem Wunsch, ein Haustier anzuschaffen, in zweiter Linie zu vermischten tierbezogenen Themen, wenn unsere Kompetenz dies abdeckt. Was wir jedoch nicht leisten können, ist eine Betreuung oder gar Therapie von Menschen, denen das Leben oder ihre Psyche eine schwere Zeit beschert. Viel zu häufig treten Menschen an uns heran, die sich durch einen Besuch bei uns eine Linderung ihrer Leiden erhoffen. Ebenso häufig wechselt in einem Telefonat ein tierspezifsiches Thema X in einen tränenreichen Erguss des Schmerzes seitens unseres Anrufers. Genau so häufig zerfließt plötzlich ein Besucher in unserer Öffnungszeit und ist bereit, sein Herz in unsere Hände zu legen. Das mag mutig sein oder auch manchmal ein Akt der Verzweiflung, aber unsere Hände sind nicht der richtige Ort dafür.
Wir sind diesbezüglich nicht ausgebildet, unsere Tiere im Übrigen ebenso nicht. Dafür gibt es auch eigentlich keinen Raum in unserem Alltag. Natürlich können Beratungsgespräche mitunter sehr emotional werden und klar, dann sind wir da für „unsere“ Menschen, meist ist dies Teil eines schönen, runden Vermittlungsprozesses. Jedoch können wir Personen, die gerade am Fallen sind, nicht auffangen. Neulich sagte jemand zu uns, wir müssten ja gar nicht viel machen, manche Leute seien froh, wenn ihnen jemand zuhört. Das stimmt. Wer sich Last von der Seele reden kann, fühlt sich oft kurzfristig erleichtert. Aber genau dort kommen wir in Not: Während da jemand seine Last abwirft, bürden wir sie uns auf, denn im Hinterkopf hat jede von uns immer die gleichen Gedanken: „Jetzt steh‘ ich hier, kann nicht helfen, kann nichts machen und hinten wartet X, will raus, Y muss die Ohren sauber gemacht bekommen, Z muss ich noch anrufen und… X will raus, er wartet schon…heute Morgen hatte ich auch so wenig Zeit für ihn…“
Es mag sich hart anhören, aber sobald eine Person mit ihren persönlichen Bedürfnissen viel Raum einnimmt oder wir das zulassen, wird der Raum eines unserer Tiere dadurch verdrängt. So soll es aber nicht sein, denn deren Lebensqualität sowie deren gewissenhafte Vermittlung sind unsere Lebensaufgabe. Wir bedauern, wenn ein Mensch seelischen Schmerz verspürt, aber wir können ihn nicht lindern.
Ach, wisst Ihr, eigentlich ist’s doch gar nicht so hart, es ist aufrichtig. So sieht es eben bei uns aus. Wenn wir sagen, dass wir nicht helfen können bei Themen, die nichts mit unserem Job zu tun haben, ist das kein Nein zu Dir als Person, sondern allenfalls ein Nein zu der Situation, gleichzeitig jedenfalls ein Ja zu unseren Tieren und deren Betreuung.
Jedes Ja, das uns von unseren Tieren und unseren eigentlichen Aufgaben abhält, ist eine schlaflose Nacht mehr, zwei, drei,… und ein omnipräsentes schlechtes Gewissen. Unterm Strich ist der Preis für ein Ja aus Höflichkeit, Mitleid oder „Nächstenliebe“ oder aus Angst vor einer schlechten Wirkung zu hoch und nicht nur wir zahlen ihn. Sobald unsere Tiere den Preis mitzahlen, kommt man schwer ins Denken. Sobald sie zahlen, machen wir unseren Job nicht richtig. So einfach.
Auf dem Bild: Aika. Unsere Tiere sind die Leidtragenden, wenn wir unsere Grenzen nicht schützen und unsere Zeit sowie Energie, sagen wir mal, stehlen lassen. Wir können uns UND unsere Tiere nicht zur Verfügung stellen für etwas, wofür wir und unsere Tiere nicht da sind.