13/10/2025
Ach herrje die alten Informationsleichen reißen einfach nicht ab, daher lest hier meine Meinung zu Vitamin C in der Pferdefütterung:
🌿 Mythos Eigensynthese – Warum Pferde heute trotz „Vitamin-C-Bildung“ immer öfter Mangel haben
Seit Jahrzehnten liest man es in Lehrbüchern und hört es in Seminaren:
„Pferde brauchen kein Vitamin C – sie können es selbst bilden.“
Klingt erstmal stimmig. Bei den B Vitaminen sind viele schon vom Gegenteil überzeugt, kommen wir nun zum Vitamin C!
Stimmt der Mythos noch in der heutigen Haltungspraxis?
Die ehrliche Antwort lautet: Nein, längst nicht mehr!
🧬 Die Theorie – und warum sie nicht mehr passt
Ja, Pferde können Vitamin C in der Leber aus Glukose synthetisieren.
Voraussetzung:
• gesunde Leber (Fehler No.1)
• funktionierende Enzyme (v. a. L-Gulonolacton-Oxidase)
• ausreichende Cofaktoren (Zink, Kupfer, Magnesium, B-Vitamine)
• stabile Mitochondrienfunktion und geringer oxidativer Stress
Das ist die Idealbedingung.
Aber wer von uns hält heute noch Pferde unter Idealbedingungen?
🌾 Die Realität – zu wenig, zu spät, zu überständig
Die meisten Pferde haben heute:
• nur 1–2 h Weidegang pro Tag
• oft auf überständigen Flächen mit spärlichem, nährstoffarmen Aufwuchs
• Heu spät gemäht, was die Gehalte an Vitamin C, Beta-Carotin und sekundären Pflanzenstoffen drastisch senkt
Während junges Frühlingsgras noch 200–500 mg Vitamin C pro kg enthält, liegen überständige Halme oft nur bei 50–100 mg/kg.
Und Heu? Enthält praktisch gar kein Vitamin C mehr – der Verlust durch Trocknung beträgt über 95 %.
Ein 600-kg-Pferd, das 8–10 h Weide mit 30–40 kg Frischgras frisst, würde früher 8–15 g Vitamin C täglich aufnehmen.
Heute bekommt es vielleicht ein Zehntel davon – an guten Tagen.
🧫 Folge: oxidativer Dauerstress
Ohne ausreichendes Vitamin C fehlen die wichtigsten Schutzmechanismen:
• Schleimhäute werden durchlässiger
• Histaminreaktionen nehmen zu
• die mukoziliäre Reinigung der Bronchien verlangsamt sich
• freie Radikale aus Staub, Schimmel und Endotoxinen treffen auf ungeschützte Epithelien
Das Ergebnis ist das, was wir in der Praxis sehen:
chronischer Husten, Schleimneigung, allergische Atemwege – ganzjährig statt nur im Winter.
🩺 Leberbelastung statt Selbstversorgung
Die Leber, die das Vitamin C eigentlich bilden soll, ist heute meist zusätzlich belastet durch:
• Mykotoxine im Heu
• Ammoniak aus stickstoffreichem Futter
• Medikamentenrückstände und Impfbelastungen
• Insulinresistenz, PPID oder Stress
Sie sollte Vitamin C synthetisieren – aber sie schafft es oft nicht.
Und genau dann wäre eine exogene Zufuhr über Gras oder Ergänzungen entscheidend.
Nur: Das Gras ist längst nährstoffarm geworden, das Heu liefert nichts, und im Winter gibt es gar keine Quelle mehr.
💨 Warum früher nur im Winter gehustet wurde
Früher war das Bild eindeutig:
• Sommer = frisches Gras → antioxidativer Schutz, gesunde Bronchien
• Winter = Heu, Stall, Staub → Husten
Heute fehlt der Sommer-Schutz.
Die Pferde sind ganzjährig leicht unterversorgt, die Atemwege dauerhaft gereizt – und jede kleine Belastung kippt das Gleichgewicht.
Das hat nichts mit „plötzlicher Allergie-Welle“ zu tun, sondern mit einem chronischen Vitamin-C- und Antioxidantien-Defizit.
Dasselbe gilt auch für die fettlöslichen Vitamine oft.
💡 Fazit: Die Lehrmeinung ist Grundsätzlich richtig – aber unvollständig bzw. kann Fehler bergen
Pferde können Vitamin C bilden.
Sie tun es nur nicht in ausreichender Menge, wenn Leber, Stoffwechsel und Haltung nicht perfekt sind.
Die Behauptung „sie brauchen kein Vitamin C“ gilt nur für:
• junge, gesunde Pferde
• in optimaler Weidehaltung
• mit frischem, jungem Grünfutter
In der heutigen Praxis trifft das auf weniger als 10 % der Pferde zu.
Daher mein Appell an Therapeutinnen und Kolleginnen
Wer die endogene Synthese als Argument gegen eine gezielte Unterstützung verwendet, ignoriert:
• den massiven Rückgang an sekundären Pflanzenstoffen im Futter,
• die Leberbelastung moderner Pferde,
• und die inzwischen wissenschaftlich belegten Vitamin-C-Defizite bei Stress, Alter und Erkrankung.
☝️Fazit für die Praxis
Früher husteten Pferde im Winter, weil das Grünfutter fehlte.
Heute husten sie zum Teil (es gibt natürlich viel mehr Aspekte!) das ganze Jahr, weil kein echtes Grünfutter mehr da ist.
Wenn wir das verstehen, hören wir endlich auf, Symptome zu behandeln –
Sondern Bedarfsgerecht zu supplementieren!