
29/04/2025
Mal wieder toll geschrieben von Dr. Dagmar Ciolek🤩
Die Gymnastizierung des Freizeitpferdes.
Ein sehr wichtiges Thema. Wieviel ist nötig? Was ist sinnvoll? Was ist realistisch?
➡️Zunächst einmal: Was ist ein „Freizeitpferd“?
Ich spreche hier nicht vom ambitionierten Freizeitreiter, der sein Pferd weit oder zumindest sauber ausbildet.
✅Ein Freizeitpferd ist von einem Sportpferd zu unterscheiden. Sportpferde werden intensiv trainiert, um mit ihnen möglicherweise auch an sportlichen Wettkämpfen teilnehmen zu können.
✅Freizeitpferde werden gehalten, um überwiegend mit ihnen auszureiten , sich mit ihnen in der eigenen Freizeit zu beschäftigen, zum „Betüddeln“ und als Familienmitglied und oft auch als Familienreitpferd. Die Übergänge sind fließend. Das soll keine Wertung beinhalten!⚠️
📌Viele Reiter von Freizeitpferden haben lediglich eine Basisausbildung im Reiten, viele niemals gefühlt, wie ein Pferd sich durch den Körper bewegt, das die ersten 4 Punkte der Skala der Ausbildung SDA erfüllt. (Takt-Losgelassenheit-Anlehnung-Schwung). Das ist auch primär nicht tragisch.
⚠️Sitzprobleme sind häufig, ebenso Zeitprobleme und auch Geldprobleme. Das schlechte Gewissen fährt immer mit zum Pferd. 🐴 So sieht der Alltag aus, das ist die Realität für viele Freizeitreiter und ihre Pferde!
❤️Alle lieben ihre Pferde und wollen nur das Beste für sie, dazu gehört nach allgemeiner Meinung auch die dressurmäßige Arbeit, damit das Pferd gesund bleibe.
😥Leider sehen wir immer wieder Pferde, denen die dressurmäßige „Gymnastizierung“ so gar keinen Spaß zu machen scheint. Leider ist dann auch eher kein positiver Effekt auf das Wohlbefinden oder gar die Bemuskelung des Pferdes zu erkennen.
⚠️Die Reiter und ihren Reitlehrer geben sich alle Mühe, aber es gelingt nicht, das Pferd motivierend (und schmerzfrei) zu reiten. Es wird eher lustloser und verspannter. Dabei muss doch Gymnastizierung sein, damit das Pferd gesund bleibt?
Meist wird versucht, irgendwie „Anlehnung“ im Sinne von Beizäumung zu erreiten. Denn: der Kopf muss runter, der Hals sich runden.⛔️ Das führt zu entweder zu viel oder zu ungeschickter Einwirkung im Pferdemaul und „bremst“ noch mehr.
Um das Pferd geschmeidiger zu machen, werden viele Wendungen geritten. Das führt zu belastenden Scherkräften der Gelenke, wenn das Pferd dabei nicht korrekt gebogen wird und zu unangenehmen Empfindungen, wenn der Reiter nicht in der Balance sitzt und oft am inneren Zügel zieht. ⛔️
Oder man reitet überwiegend im Schritt und Zuckeltrab, das ist vermeintlich einfacher. Da kann man dann auch „Seitengänge“ reiten, das gymnastiziert doch so schön. Macht aber keinen Sinn, wenn die ersten 4 Punkte der SDA nicht erfüllt sind! Und so dreht sich die Negativspirale weiter.⛔️
✅Das Maß der gymnastizierenden Arbeit muss sich am Können des Reiters orientieren und sollte allen Beteiligten Freude bereiten!!!!! Es ist im Winter und generell fast wichtiger, am Sitz und der Einwirkung des Reiters zu arbeiten als an der Gymnastizierung des Pferdes, die eh nicht gelingen kann, wenn dem Reiter hierzu die Fähigkeiten fehlen.
Das Pferd sollte den Reiter vor allem möglichst schadlos tragen können.
⚠️Dazu sollte es vor allem nicht im „Giraffenmodus“ unterwegs sein und seine Gliedmaßen überwiegend gleichmäßig belasten.
Übergewicht von Reiter und Pferd ist zu vermeiden, ebenso sollten beide fit sein. Brauchen „Reitkondition“. Je gesünder die Pferde auf den Beinen stehen und im Rücken sind, desto weniger intensiv muss ihre Gymnastizierung im Sinne einer reiterlichen „Physiotherapie“ sein. Das sieht man auch an vielen Generationen von Schulpferden.
Sie laufen viel, aber meist langsam, kreiseln wenig, müssen selten bis nie Versammlungen oder Verstärkungen zeigen und werden so steinalt.
Genau das ist der Punkt:
Das Wichtigste für ein reitbares Freizeitpferd ist:
✅VIEL Bewegung, viel raus ins Gelände, Reiten in Gesellschaft und in der Gruppe, selten bis nie Bewegung im Schneckentempo. ✅Mehrfach die Woche sollten beim Reitpferd auch Atmung und Kreislauf in Schwung kommen. Das bedeutet frisches Vorwärtstraben und Galoppieren auch in der Reitbahn!
✅Viel Geradeaus und allenfalls sanft gebogene Linien.
⚠️Wenig Versammlung und Vorsicht mit hohen Geschwindigkeiten, engen Wendungen und Seitengängen. Das frische, taktmäßige Arbeitstempo ist wenig verschleißend und hat dennoch einen Trainingseffekt.
✅Abwechslung über das Reiten einfacher Übergänge und einfacher Übungen um die Durchlässigkeit und damit Zuverlässigkeit zu verbessern. Mal eine Vorhandwendung, mal ein paar Tritte im Schenkelweichen. Insgesamt versuchen, mit wenig Hilfengebung auszukommen.
✅Viel Lob und ein weiteres Pferd 🐴 mit in der Bahn als Fürhpferd, das hält die Motivation hoch.
✅Einbeziehen von Stangen, Hütchen und gern auch einfachen Übungen aus der Working Equitation machen vielen Pferden mehr Spaß, ebenso auch das Springen.
Der Hals darf lang getragen werden, Das Genick nicht wesentlich höher als der Widerrist. Die Zügel eher zu lang als zu kurz, der Reiter übt vor allem, dem Pferdemaul mit sanft geschlossener und vorn getragener Hand sanft zu folgen und sein Pferd so wenig wie möglich zu stören.
💡Der Reiter schult vor allem seinen Sitz und seine Einwirkung und konzentriert sich weniger auf die Kopf/Halshaltung seines Pferdes.
Dann kann auch leichte gymnastizierende Arbeit in der Reitbahn einem Freizeitpferd Freude machen!
Und ist
im Sinne der Freizeitpferde 🐴
Dagmar Ciolek