16/05/2025
Es gibt Geschichten im Tierheim, die kann man nicht sofort erzählen, denn sie lassen einen so zerstört zurück, voller Fassungslosigkeit, voller Trauer, voller Wut. Es dauert etwas, bis man sie erzählen kann.
Die kleine Hündin, die am Montag in Zwickau-Pöhlau gefunden wurde, ist tot. Und darüber sind wir erleichtert, denn ihr Leben war einfach nur noch eine grauenhafte Qual. Eine Qual, die so einfach hätte vermieden werden können. Am Beginn dürfte Zahnstein oder altersbedingt lose Zähne gestanden haben, die aber nicht behandelt wurden. Das allein muß schon große Schmerzen verursacht haben. Mangels Behandlung entstand eine Entzündung und die Bakterien fraßen sich über die Zahnwurzeln immer weiter in den Oberkieferknochen hinein, zerstörten ihn nach und nach völlig. Die Entzündung brach in den Nasenraum durch, weshalb die große Beule entstand und der Hündin Blut und Eiter aus der Nase liefen. Der Geruch nach Eiter und Verwesung war furchtbar, die Hündin konnte nicht mehr fressen und magerte ab. Doch ihre Halter ignorierten das, waren der Meinung, daß das eben ein Hund im letzten Lebensabschnitt ist, von dem sie glaubten, er habe sich zum Sterben zurückgezogen.
Woher wir das wissen?
Noch bevor wir die oben genannten Details kannten - die Diagnostik aber schon gemacht worden war - kam am Dienstag Nachmittag eine junge Frau ins Tierheim und teilte mit, daß die Hündin ihren Eltern / ihrer Oma gehöre. Auf unsere Nachfrage zum Zustand der Hündin meinte sie, daß sie das wisse, die Oma habe es aber einfach nicht übers Herz gebracht, "ihn" einschläfern zu lassen (sie sprach immer nur von "der Hund", ohne Name, ohne Geschlecht). Sie meinte, daß ihre Oma den Hund am Abend nur kurz vor die Tür gelassen habe, da sei er auf die Straße gelaufen, wo er aufgegriffen wurde. Vielleicht könne der Vorfall nun als Anlass dienen, den Hund einzuschläfern. Wir erklärten der jungen Frau, daß wir das Veterinäramt einschalten würden, was wir auch taten. Bedauerlicherweise fühlte sich das Veterinäramt nicht wirklich berufen, sich des Falls anzunehmen. Wenn das Tier nun eingeschläfert werde, sei ein Einschreiten des Amtes ja nicht notwendig erfuhren wir.
Am Folgetag, als wir dann die ganze Bandbreite des Leids kannten und auch wußten, daß es keine Heilung mehr geben kann, nur noch Erlösung, meldete sich der Vater der jungen Frau. Er meinte, daß der Hund schon einige Zeit weg sei, so eine Woche, sie hätten gedacht, daß er sich zum Sterben zurückgezogen habe, das habe ein anderer Hund auch schon gemacht. Unfassbar!!! Da das Veterinäramt nicht einschritt, waren wir gezwungen, nachdem der Vater zähneknirschend die Tierarztkosten bezahlt hatte, die Hündin am Mittwoch Abend wieder an die Familie herauszugeben, machten aber klar, daß wenn die Hündin nicht von ihrem Leid erlöst würde, wir erneut das Veterinäramt oder auch die Polizei einschalten würden. Am Donnerstag erfuhren wir, daß die kleine Hündin auf dem Anwesen der Familie durch einen Tierarzt erlöst wurde.
Welch höllische Schmerzen muß die kleine Seniorin erlitten haben? Monatelang, vielleicht jahrelang muß sie gelitten haben. Und alles nur, weil niemand sie beim Tierarzt vorstellte. Wie leicht hätte man Zahnstein entfernen oder lose Zähne ziehen können, ein paar Tage Antibiotika und die kleine Hündin könnte immer noch gut leben. Denn das Blutbild zeigte, daß sie organisch (Niere, Leber,...) noch gesund war. Einsicht suchte man bei der Familie auch vergebens. Die tierärztliche Behandlung - Schmerzmittel, Infusionen, Röntgenbild und Blutbild - war in den Augen dieser Menschen vertanes Geld für einen Hund, der ja eh am Sterben war.
Der Tierschutzverein Zwickau wird gegen die Halter Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz stellen. Wir hoffen, daß das Verfahren vor Gericht kommt und ein Richter diese Menschen zur Verantwortung zieht. Daß man sich der Tragweite des Leids nicht klar war, kann niemand behaupten, denn der furchtbare Zustand der Hündin veranlasste die beiden Polizisten, die am Fundort waren, am Donnerstag bei uns im Tierheim nochmal nachzufragen, wie es der Hündin geht, jedem Laien war klar, daß ein nach Eiter und Verwesung riechender Hund über einen längeren Zeitpunkt schwer vernachlässigt worden sein muß.
Ruhe in Frieden, kleine Hündin aus Pöhlau, deren Namen wir nicht kennen. Wir hätten dich so gern kennengelernt.