01/03/2025
WENN DIE KATZE NICHT FRISST…
Ich möchte vorwegschicken, dass dies ein recht langer Artikel ist, aber die Ausführungen aufgrund ihrer Komplexität nur angerissen sind. Mir ist es wichtig aufzuzeigen, wie vielschichtig die Gründe sind. Jeder einzelne Grund wäre einen eigenständigen Artikel wert. Daher bitte ich um Nachsehen und Verständnis.
Inappetenz ist der Fachbegriff für „Appetitlosigkeit“, also das fehlende Verlangen von Nahrungsaufnahme. Nicht wenige Katzenhalter*innen hatten schon einmal mit diesem nervenaufreibendem Problem bei ihren Katzen zu kämpfen. Nervenaufreibend deswegen, weil man weiß, dass gerade bei übergewichtigen Katzen die Uhr tickt: Sie sollten nicht länger als 24 - 48 Stunden (zum zeitlichen Aspekt haben die Fachleute unterschiedliche Auffassungen) ohne Nahrungsaufnahme sein, da sie sonst Gefahr laufen eine sogenannte Lipidose (Fettleber) zu entwickeln. Bislang habe ich noch keine einzige Katze erlebt, die eine Lipidose entwickelt hätte und bislang hat mir dies auch noch kein Tierarzt auf persönlicher Erfahrung bestätigen können, aber natürlich sollte man unbedingt vorsichtig sein.
Es gibt unfassbar viele Gründe, warum eine Katze nicht fressen mag:
FÜTTERUNG:
Nicht jede Katze mag oder verträgt jedes Futter und es ist teilweise außerordentlich schwierig mit Katzen eine Futterumstellung durchzuführen. Da ist viel Fantasie und Einfallsreichtum gefordert – aber es ist machbar, auch wenn nahezu jede/r Halter*in glaubt, gerade ihr/sein Tier sei da außergewöhnlich schwierig. Die Erfahrung lehrt etwas anderes.
Insbesondere Trockenfutter halte ich für ausgesprochen kontraproduktiv für Gesundheit und Wohlbefinden. Ja, ich weiß, das sehen viele ganz anders und in ihnen bricht nun ein Sturm der Entrüstung los. Aber es ist, wie es ist: Trockenfutter hat einen hohen Anteil von Getreide bzw. anderer schwer verdaulicher Bestandteile. Die Katze ist ein strikter Karnivore – strikter als der Hund. Sie bezieht ihre Energie aus hochwertigen Proteinen – also aus Nahrung, die einem Beutetier entspricht. Daher nutzt es aus meiner Sicht auch nichts, wenn man auf „gesundes“ getreidefreies Trockenfutter umsteigt – es ist und bleibt der Gesundheit nicht zuträglich. Dies vor allem, weil Trockenfutter dem Körper viel Flüssigkeit entzieht, was in der Folge über kurz oder lang Körperfunktionsstörungen nach sich zieht (z. b. chronische Nierenerkrankungen, Bauchspeicheldrüsenentzündungen, Darmprobleme etc.). Und für alle, die nun argumentieren, dass ihre Katze ausreichend trinkt: Eine Katze kann und wird von Natur aus gar nicht so viel trinken (können), um diesen Flüssigkeitsverlust auszugleichen.
Des Weiteren liegt Trockenfutter schwer verdaulich im Magen, saugt sich mit Magensäure voll und zieht im weiteren Verlauf der Verdauung Gärungsprozesse nach sich, die dann auch in Darmerkrankungen enden KÖNNEN. Weiter will ich dieses Thema an der Stelle gar nicht ausführen, weil es seitenfüllend ist… Bleibt nur noch zu sagen, dass Getreide bzw. hohe Kohlenhydrathanteile in Nassfutter ebensolche Probleme verursachen – des Weiteren auch viele Futterzusätze, die eigentlich nicht ins Tier hineingehören. Ausgebildete Ernährungsberater*innen stehen euch mit Aufklärung, Rat und Tat zur Seite. Es lohnt sich.
Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Allergien: Häufig fällt den Halter*innen gar nicht auf, dass ihre Katze das Futter nicht sonderlich gut verträgt. Meist tritt dies in Erscheinung, wenn das Tier eine Erkrankung im Verdauungstrakt oder der Haut aufzeigt. Hatte ich gerade vor einigen Monaten: Ein stattlicher Kater in Österreich, der aufgrund einer tierärztlich nicht in den Griff zu bekommenden Bauchspeicheldrüsenentzündung bereits einen Termin zur Euthanasie hatte. Er erfreut sich heute (nach 5 Monaten) besten Wohlbefindens, nachdem wir das Futter umstellten und die Bauchspeicheldrüsenentzündung begleitend behandelten.
ERKRANKUNGEN DES OBEREN VERDAUUNGSTRAKTES (MAUL / RACHEN / HALS):
Entzündliches Geschehen im Maul (Zahnfleisch, Maul- und Rachenschleimhäuten): Maulentzündungen bei der Katze sind sicherlich fast jedem bekannt. Diese haben verschiedene bekannte und nicht bekannte Ursachen.
FORL: Es ist wichtig, eine Katze regelmäßig einem Tierarzt für Zahnheilkunde vorzustellen und über dentales Röntgen festzustellen, ob das Tier diese Zahnerkrankung hat. Dabei handelt es sich um einen Zersetzungsprozess der Zahnwurzel und der Zahnkrone unbekannter Ursache (meine Kolleg*innen und ich schrieben schon häufiger darüber). Nicht selten ist das Geschehen gar nicht durch in Inaugenscheinnahme zu erkennen – häufig findet man aber auch schwere Zahnfleischentzündungen. Um sicher zu sein, lasst bitte IMMER den Ober- und Unterkiefer röntgen. FORL ist DIE schmerzhafteste Erkrankung bei der Katze. Es konnte festgestellt werden, dass die Schmerzen eine Narkose durchdringen und das Tier reagiert, wenn ein FORL-Zahn berührt wird. Da kann man sich ja leider nur lebhaft vorstellen, was die Futteraufnahme für das Tier bedeutet: Schmerzen!
Das Entzündungsgeschehen im Maul-/Rachenbereich kann aber auch durch den Katzenschnupfenkomplex (Auftreten von Herpesvirus, Calicivirus, verschiedene Bakterien) verursacht werden. Gerade das Calicivirus ist führende Ursache, wenn die Maul- und Rachenschleimhäute angegriffen sind. Meist gesellen sich noch bestimmte Bakterien hinzu und die Katze hat einiges zu leiden und stellt das Fressen ein, weil es zu sehr schmerzt. Auch ist das Riech- und Geschmacksvermögen bei Rotznasen-Katzen sehr vermindert.
Im Übrigen kann auch eine Infektion mit dem Felinen Leukämievirus (FeLV/Leukose) oder dem Felinen Immundefizienzvirus (FIV/Katzenaids) ursächlich oder förderlich für ein Entzündungsgeschehen in dem Bereich sein.
Schlichte Halsentzündungen (ohne Katzenschnupfen) sind oft auch schon ausreichend, kein Futter mehr aufnehmen zu wollen.
ERKRANKUNGEN DES MITTLEREN UND UNTEREN VERDAUUNGSTRAKTES:
Magen: Zum Beispiel kann eine Magenentzündung kann der Grund für Appetitlosigkeit sein, ebenso aber auch ein im Magen befindlicher Haarballen. Auch verschluckte Fremdkörper können dafür sorgen, dass der Katze der Appetit vergeht. Wenn es einen Verdacht auf Fremdkörper gibt, ist dies ein Notfall und die Katze muss sofort einem Tierarzt (besser noch in einer Tierklinik) vorgestellt werden.
Bauchspeicheldrüse: Eine Bauchspeicheldrüsenentzündung kann akut oder auch unentdeckt chronisch vorliegen. Gerade bei akutem Krankheitsgeschehen ist dies von starkem Erbrechen und/oder Durchfall begleitet. Aber egal, ob akut oder chronisch: Die Katze stellt nach und nach oder auch sehr abrupt das Fressen ein. Auch eine Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) kann vorliegen.
Leber: Die Leber ist mein persönliches „Lieblingsorgan“. Dies, weil sie zum einen eine Menge Funktionen erfüllt – die allgemein bekannteste ist die des größten Entgiftungsorgan im Körper. Zum anderen, weil die Leber ein sehr regeneratives Organ ist, das bedeutet, sie kann und lässt sich in der Regel gut heilen.
Aus Erfahrung kann ich sagen, dass im Frühjahr Katzen schnell mit Appetitlosigkeit und manchmal auch mit täglichem Erbrechen reagieren. Die Tage werden länger und der Stoffwechsel stellt sich um. Da kommt die Leber schon mal nicht so richtig hinterher und braucht ein bisschen Unterstützung. Nach ein paar Tagen der Leberunterstützung ist das Problem meist schon behoben. (Dies übrigens auch bei den Menschen: Wer gesund ist, aber im Frühjahr stark unter Frühjahrsmüdigkeit leidet, sollte an seine Leber denken.)
Galle: Da Galle, Bauchspeicheldrüse und Leber eine Kooperationsgemeinschaft bilden, ist bei Problemen in diesem Bereich, meist auch die Gallenfunktion gestört (gern auch ursächlich). Nicht selten entdecken die Tierärzte in der Sonografie (Ultraschall) vom Bauch Gallengries oder Gallensteine, die die Gallengänge blockieren und den Austausch der Sekrete zwischen den kooperierenden Organen verhindern bzw. vermindern. Es nutzt die beste Behandlung nichts, wenn dies nicht aufgelöst wird. Manchmal sind es keine Gallensteine, sondern ein Giardienbefall, der sich „nach oben“ verlagert hat. Das sieht man in einer Sonografie nicht, aber ein/e Tierheilpraktiker*in wird dies vermuten, wenn in der Anamnese auftaucht, dass die Katze vor Jahren mal einen Giardienbefall hatte und es keine Kontrolluntersuchung mehr gab. Dann wird das mittels Kotuntersuchung noch einmal überprüft. Nicht selten bestätigt sich der Verdacht.
Darm: Da gibt es eine Vielzahl möglicher Erkrankungen. Es gilt: Egal ob Nahrungsmittelunverträglichkeit, Allergie, Darmentzündungen (IBD), Dysbiose (Ungleichgewicht von Verdauungsbakterien) oder Parasiten (Würmer, Giardien, Kokzidien etc.) o. ä. vorliegen, ist der Darm nicht in Ordnung, fühlt sich Tier (und Mensch) nicht wohl bzw. fühlt sich krank. Bereits bei Durchfall und Verstopfung stellen viele Katzen das Fressen ein.
WEITERE GRÜNDE FÜR APPETITLOSIGKEIT (nur kurz benannt aber nicht näher erklärt):
· Schilddrüsenerkrankungen
· Nierenerkrankungen
· Psychische Ursachen in Form von Unsicherheit, Nervosität oder schlicht vergangene schlechte Erfahrungen durch Schmerzen/Unwohlsein beim Fressen. Auch gibt es Tiere, die versuchen, die bisherige besondere Aufmerksamkeit von Frauchen und Herrchen aufrecht zu erhalten, weil sie gelernt haben, dass diese dann sehr nervös werden und versuchen, das Unmögliche möglich zu machen. Durch das „Vortäuschen“ des Nichtfressenwollens sichert sich das Tier weitere besondere Aufmerksamkeit. Findet man schon mal bei Halterinnen, die hinsichtlich der Gesundheit/Krankheit ihres Tieres schnell und massiv aus der Fassung geraten. Da hilft ein klärendes Gespräch und Anleitung im Verhalten der Halter dem Tier gegenüber 😉
· Altersbedingte Appetitlosigkeit: Das ist völlig normal – egal ob bei Mensch oder Tier. Da muss ein bisschen getrickst werden, um Appetit zu wecken. Regelmäßige Checkups sind allerdings unabdingbar und verhindern, dass geriatrische Krankheiten unerkannt vor sich hin arbeiten können. Auch ein Geschehen aufgrund von orthopädisch bedingten Schmerzen können dafür sorgen, dass die Katze nicht mehr fressen mag.
Ich will es an dieser Stelle mal gut sein lassen. Es gäbe sicherlich noch sehr viel zu schreiben, aber die Länge dieses Artikels sprengt ohnehin schon den Rahmen.
Abschließend möchte ich unbedingt drauf hinweisen, dass es wichtig und unumgänglich ist, den Ursachen einer anhaltenden Appetitlosigkeit auf die Schliche zu kommen. Eine ordnungsgemäße Diagnostik in der Tierarztpraxis eures Vertrauens, am bestens in Kombination mit einer tierheilpraktischen Beratung/Behandlung, sollte Aufschluss geben, wo die Gründe liegen.
(C) Marion Frömming
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