
02/08/2025
Vorsorgeuntersuchungen spielen auch in unserer Praxis eine sehr große Rolle. Wir haben schon einige Milzentfernungen begleitet, nachdem Fr. Dr. Llewellyn Umfangsvermehrungen in der Milz im Ultraschall diagnostiziert hatte.
Auch die Mitarbeiterhündin Maja hat ihre Operation zur vorsorglichen Entfernung der Milz sehr gut überstanden, auch in ihrem Fall war es ein gutartiger Tumor. Wäre dieser jedoch geplatzt, hätte der Blutverlust lebensbedrohlich sein können und eine Not- OP wäre nötig gewesen.
Der folgende Artikel ist sehr lesenswert, bei Fragen sind wir gerne für Sie da.💚
Throw Back Juli 2012: Das war der Artikel, bei dem ich erstmals bemerkt habe, dass meine Texte über meinen Kundenkreis hinaus Aufmerksamkeit finden, weil es innerhalb von drei Monaten über 100000 Zugriffe gab. Das ist aber auch ein Beleg dafür, dass die Milztumore des Hundes damals wie heute ein wirklich sehr bedeutendes Thema darstellen.
Milztumor – Ein Todesurteil? Oder ist Vorsorge möglich?
Von Ralph Rückert, Tierarzt
Milztumore sind nach der Statistik eine der häufigsten Tumorerkrankungen des älter werdenden Hundes. Sie stellen etwa 40 Prozent der Tumore des Bauchraumes. Häufig handelt es sich bei diesen Tumoren um Hämangiosarkome. Diese gehören zu den bösartigsten Sarkomen beim Hund. Sie metastasieren sehr oft, das heißt, sie streuen Tochtergeschwülste in andere Organe, und zwar leider gerne schon, bevor der eigentliche Tumor entdeckt wird. Die statistische Überlebenszeit bei einem Milz-Hämangiosarkom beträgt nur drei bis vier Monate. Gut die Hälfte der entdeckten Umfangsvermehrungen der Milz sind aber gutartig. Der alarmierende „Bollen“ auf dem Foto zum Beispiel stellte sich bei der pathohistologischen Untersuchung als Milzhämatom heraus. Das hätte zwar jederzeit platzen können, mit den entsprechenden Folgen für den Hund, aber nun, nachdem die Milz entfernt wurde, ist dieser Hund aus dem Schneider, weil man bei einem Hämatom natürlich keine Metastasierung fürchten muss.
Für allgemeine Informationen zur Milz als Organ und zu ihren Aufgaben verweise ich auf den entsprechenden Wikipedia-Artikel.
Für erfahrene Tierärzt:innen ist es ein bekanntes und alarmierendes Bild: Ein Hund von meist über sieben, acht Jahren wird plötzlich apathisch, will nicht mehr laufen, hat Bauchweh und grau-weiße anstatt rosige Schleimhäute. Oft kann sich der Besitzer im Nachhinein erinnern, dass der Hund schon seit Wochen, manchmal gar Monaten leistungsschwach und müde gewirkt hat, was leider gern auf das Älterwerden geschoben wird. Das sind die typischen Symptome eines Milztumors, der rupturiert, also geplatzt ist. Dabei tritt Blut in mehr oder weniger großen Mengen in die Bauchhöhle aus, der Hund droht innerlich zu verbluten. Die Diagnose ist anhand der geschilderten Symptome und mit Hilfe des Ultraschall-Gerätes schnell gestellt. Nur eine sofortige Notoperation kann in dieser Situation das Leben des Patienten retten. Dabei wird die komplette Milz inklusive des Tumors entfernt (Splenektomie). Dadurch wird natürlich die Blutung sofort gestoppt. Trotzdem sieht die Prognose für diesen Patienten – wie oben schon erwähnt – mehr als düster aus, wenn es sich bei dem Tumor um ein Hämangiosarkom handelt. Durch das Platzen des Tumors und das austretende Blut sind unzählige Tumorzellen in der ganzen Bauchhöhle verteilt worden; der Hund wird also leider mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in den nächsten zwei bis vier Monaten an Metastasen sterben. Die Operation sollte natürlich trotz dieser schlechten Aussichten durchgeführt werden. Die Blutung könnte ja auch von einer gutartigen Veränderung wie dem oben dargestellten Milzhämatom oder einer Milzverletzung verursacht werden. Eine Ausnahme: Sollten sich bei den praeoperativen Untersuchungen per Ultraschall oder Röntgen schon Tumormetastasen in anderen Organen zeigen, ist es natürlich ethisch fragwürdig, dem Patienten noch eine Splenektomie zuzumuten.
Anders sieht es dagegen aus, wenn ein Hämangiosarkom entdeckt wird, solange es noch nicht in die Bauchhöhle geblutet hat. Trotz auch dabei sehr hohem Risiko von Metastasen sehen wir doch oft genug Patienten, die die frühzeitige Operation um Jahre überleben. Ein Hund, dessen tumorbefallene Milz entfernt wird, bevor der Tumor blutet, hat eine kleine Chance davon zu kommen. Mit einer anschließenden Chemotherapie mag sich die Überlebenszeit noch verbessern lassen. Je kleiner der Tumor bei der Diagnosestellung ist, desto besser sind die Aussichten. Bei gutartigen Umfangsvermehrungen ist nach der Splenektomie sowieso alles wieder im grünen Bereich. Wir können daraus folgern, dass Vorsorge absolut Sinn macht. Bei Hunden über sieben Jahren empfehlen wir deshalb, eine Ultraschall-Untersuchung der Bauchhöhle in den jährlichen Check-Up aufzunehmen und auch ansonsten jede sich bietende Gelegenheit für ein Abdomen-Sono zu nutzen. Sehr risikobewusste Besitzerinnen und Besitzer können da auch ruhig noch kürzere Intervalle wählen. Eine Ultraschalluntersuchung ist ja weder invasiv noch schmerzhaft. Bei dem oft rasanten Wachstum von Hämangiosarkomen ist natürlich auch das keine echte Garantie auf frühzeitige Entdeckung, aber eine deutliche Chancenverbesserung ist es allemal. Ebenfalls sehr wichtig: Schieben Sie bitte eine allmähliche Leistungsverminderung Ihres Hundes nicht automatisch auf sein fortschreitendes Alter – es könnte ein Milztumor dahinter stecken!
Zusatzinfos:
-Bei Menschen, denen die Milz entfernt werden musste, muss man im weiteren Lebensverlauf von einer deutlich erhöhten Anfälligkeit für schwere bakterielle Infektionen ausgehen. Schließlich ist die Milz ein wichtiges Organ des lymphatischen Systems. Beim Hund scheinen die Folgen einer Splenektomie aber deutlich weniger dramatisch auszufallen oder aufgrund der kürzeren Lebenszeit keine so große Rolle zu spielen wie beim Menschen. Mir ist jedenfalls in den über 30 Jahren meiner praktischen Tätigkeit noch kein Hund untergekommen, der nach einer Splenektomie durch eine bakterielle Infektion in echte Gefahr für Leib und Leben geraten wäre.
-Auch Katzen können natürlich Milztumore bekommen, aber bei weitem seltener als der Hund.
Bleiben Sie mir gewogen, bis bald, Ihr
Ralph Rückert
© Ralph Rückert
Sie können jederzeit und ohne ausdrückliche Erlaubnis auf diesen Artikel verlinken oder ihn auf Facebook teilen. Jegliche (auch teilweise) Vervielfältigung oder Nachveröffentlichung, ob in elektronischer Form oder im Druck, ist untersagt und kann allenfalls ausnahmsweise mit schriftlich eingeholtem Einverständnis erfolgen. Zuwiderhandlungen werden juristisch verfolgt. Genehmigte Nachveröffentlichungen müssen den jeweiligen Artikel völlig unverändert lassen, also ohne Weglassungen, Hinzufügungen oder Hervorhebungen. Eine Umwandlung in andere Dateiformate wie PDF ist nicht gestattet. In Printmedien sind dem Artikel die vollständigen Quellenangaben inkl. meiner Homepage beizufügen, bei Online-Nachveröffentlichung ist zusätzlich ein anklickbarer Link auf meine Homepage oder den Original-Artikel im Blog nötig.