Tierheilpraxis Wurth

Tierheilpraxis Wurth Als mobile Tierheilpraktikerin behandle ich Ihr Tier bei Ihnen zu Hause in seiner gewohnten Umgebung

23/07/2025

Ein echter Dauerbrenner. Deswegen hier nochmal den nun gut drei Jahre alten, aber immer noch aktuellen Beitrag zum Thema Ohrenentzündungen:

Ein Satz heiße Ohren! - Ohrenentzündungen bei Hunden

Gerötete Ohrmuscheln, Bekratzen, Kopfschütteln, die vermehrte Produktion von Zerumen (Ohrenschmalz, Ohrwachs), gegebenenfalls ein fieser Geruch aus einem oder beiden Ohren, im schlimmsten Fall sogar eine Kopfschiefhaltung: All diese Symptome können Hinweise auf eine Erkrankung der Ohren, genauer: der Gehörgänge sein. In so einigen Fällen aber stellen wir Ohrenentzündungen bei der jährlichen Impfuntersuchung fest, ohne dass den Halter:innen bis dato eines der oben genannten Symptome aufgefallen ist.

Um den Ausrufen „Sowas kann man doch gar nicht NICHT mitbekommen!“ gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen: Doch, das kann passieren, denn Sie als Halter:innen können in den allermeisten Fällen nicht den gesamten Gehörgang, geschweige denn das Trommelfell, zu Hause beurteilen und sind somit von eindeutigen Symptomen abhängig.

Bei dem geringsten Verdacht auf eine Entzündung der Ohren sollte eine vollständige Untersuchung beider Ohren stattfinden. Dazu gehören von außen nach innen: Die Pinna, hier in der Region auch liebevoll Ohrwaschel genannt, der Gehörgang und das Trommelfell. Die Pinna besteht aus Knorpel, welcher von beiden Seiten mit Haut überzogen ist. Von der Ohrmuschel ausgehend verläuft der knorpelige Gehörgang erst vertikal und macht dann einen Knick nach horizontal (in einem Winkel von ca 75°). Um diese Knickstelle mittels Otoskop überwinden zu können, haben Sie gegebenenfalls schon beobachtet, dass wir einen sanften Zug auf die Pinna ausüben. Der Gehörgang ist mit zahlreichen Drüsen ausgekleidet, die maßgeblich an der Bildung des Zerumens (Ohrenschmalz) beteiligt sind. Das Zerumen hat eine Art Abwehrfunktion, kann Fremdkörper mobilisieren und hält das Trommelfell feucht und beweglich.

Am Ende des horizontalen Gehörgangteils steht das Trommelfell. Es beschreibt also die Grenze zwischen äußerem Ohr und dem Mittelohr. Es ist eine semitransparente Membran, welche besonders anfällig für Verletzungen durch Fremdkörper ist. Bis hier hin können wir mit dem Otoskop sehen.

Das sich anschließende Mittelohr besteht aus der Paukenhöhle (Cavum tympani), die die Gehörknöchelchen enthält, die maßgeblich zur Schallweiterleitung vom Trommelfell zum Innenohr beitragen. Über die Eustachische Röhre (Tuba auditiva) besteht eine Verbindung zwischen Paukenhöhle und Rachenraum, von deren Funktion wir vor allem beim Druckausgleich Gebrauch machen (tiefes Schlucken oder Gähnen beim Fliegen).

Das Innenohr liegt bereits im Schädelknochen und ist über zwei kleine Fenster mit dem Mittelohr verbunden. Es ist aus einem komplexen Hohlraumsystem (Cochlea) aufgebaut und enthält eine Flüssigkeit (Perilymphe), die die Umwandlung der weitergeleiteten Schallwellen in nervale Reize ermöglicht. Ohne jetzt zu sehr ins Detail zu gehen: Hier findet das eigentliche Hören statt. Und als ob das noch nicht genug wäre, entsteht hier auch noch der Gleichgewichtssinn (wie steht/bewegt sich mein Körper im Raum).

Betrachtet man diverse unterschiedliche Hunderassen, wird schnell klar, dass es auch bezüglich der Ohren große Unterschiede gibt.
Der offensichtlichste Unterschied ist der zwischen Steh- oder Hängeohren. Hunde mit hängenden Ohren, die gegebenenfalls eine ordentliche Masse an Haaren tragen, haben ganz allgemein schlechter belüftete Ohren. Geht beispielsweise ein Cocker Spaniel gerne und ausgiebig schwimmen, hat er wesentlich größere Probleme, den feucht gewordenen Gehörgang zu trocknen. Solche Umstände können eine Entzündung der Ohren bereits begünstigen.
Ebenso haben kurzköpfige Rassen auch hier wieder einen Nachteil: Teilweise lassen sich ausgeprägte Stenosen (Verengungen) des äußeren Gehörgangs beobachten, welche den Abtransport von Zerumen von innen nach außen deutlich erschweren und somit Potential zur Dauerbaustelle haben.

Und dann gibt es noch das große Thema der behaarten Gehörgänge bei beispielsweise den Pudeln. Teilweise neigen einzelne Rassevertreter zu extremer Behaarung und Verfilzungen in den Ohren. Dies kann zu einem Fremdkörperreiz und einer nachfolgenden Entzündung führen.

Und um die leidige Diskussion „Zupfen oder nicht“ vorweg zu nehmen: Fragen Sie drei Tierärzte, bekommen Sie fünf Antworten... Die individuellen Unterschieden lassen hier keinen allgemeingültigen Rat zu! Durch das Zupfen der Haare entstehen Mikroläsionen, die ein Ansiedeln von Bakterien ermöglichen, da die Hautbarriere gestört ist. Eine nachfolgende Spülung mittels eines sanften Präparates ist deswegen zu empfehlen. Die Schmerzhaftigkeit des Zupfens veranlasst mich jedoch mittlerweile dazu, die vollständige Entfernung aller Haare in tiefer Sedierung oder sogar Vollnarkose mit anschließender Spülung zu favorisieren!

Neben den teilweise sehr individuellen Prädispositionen gibt es vielfältige primäre Ursachen für Entzündungen der Ohren, wobei ich mich im Weiteren auf die Otitis externa (die Entzündung des äußeren Gehörgangs) fokussieren werde.
Die Bandbreite reicht von obstruktiven Erkrankungen wie Fremdkörpern (meist kleinen Pflanzenteilchen, Grannen), Tumoren und allgemeinen Stenosen (Verengungen des Gehörgangs) über entzündliche Ursachen (Infektionen mit Viren, allergische Hauterkrankungen, sowie Futtermittelallergien, Parasitosen wie Ohrmilben,...), bis hin zu Verhornungsstörungen der Gehörgangsauskleidung, beispielsweise verursacht durch eine Schilddrüsenunterfunktion.

Auf diese primären Ursachen, die die komplexe und sensible Funktionsweise eines Gehörganges stören, setzen sich meist auch noch Bakterien- und Hefepilzinfektionen. Der Körper zeigt vielfältige Reaktionen auf diese Stimuli, welche bei fehlender Ursachenbeseitigung in eine chronischen Otitis externa münden und sich auch auf das Mittel- und Innenohr ausbreiten können. Zügiges und konsequentes Handeln ist also unbedingt erforderlich, um das Gehör Ihres Tieres nicht aufs Spiel zu setzen.

Nach der oben bereits erläuterten Untersuchung der Ohren mittels Otoskop kann sich je nach Fall und Vorgeschichte einiges an Diagnostik anschließen. Wie immer macht es keinen Sinn, die Ohren als unabhängiges Organ zu betrachten. Vor allem bei immer wiederkehrenden Otitiden bedarf es einer fundierten und allumfassenden Diagnostik, die beispielsweise auch die Konsultation einer auf Dermatologie spezialisierten Praxis notwendig machen kann. Denn gerade zugrundeliegende Allergien werden ein immer größeres Thema.

In mehr Fällen, als man denken würde, ist sogar eine Vollnarkose notwendig, um die Ohren überhaupt korrekt behandeln zu können: Bei einer hochgradigen Verlegung des Gehörganges (durch Zerumen, Haare und Entzündungsprodukte) ist die Unversehrtheit des Trommelfells logischerweise nicht beurteilbar, und ein perforiertes Trommelfell ist eine klare Kontraindikation für die Anwendung einer Vielzahl von Ohrenmedikamenten. Zudem kann jedes Medikament erst die volle Wirkung entfalten, wenn auch etwas von ihm auf der Gehörgangsauskleidung ankommt. Nicht selten sind also vorsichtige und gründliche Ohrspülungen in Narkose nach der Probenentnahme (mikrobiologische Tupfer, Zytologien) unabdingbar, um die richtige Diagnose und Therapie zu ermöglichen.

Ganz schön komplex, das Ganze! Und spätestens an dieser Stelle sollte sonnenklar sein, warum eine „Vorbehandlung“ in Eigenregie immer suboptimal bis gefährlich ist. Es scheint mittlerweile zum guten Ton unter Hunde:halterinnen zu gehören, mindestens ein Pflegeprodukt für jede Angelegenheit im Regal stehen zu haben. Das Angebot an Ohrpflegeprodukten ist riesig und die damit verbundenen Werbeversprechungen noch viel größer. Dabei kann man für das ein oder andere und in der Regel nutzlose oder gar schädliche Super-Allzweck-Produkt ein ganz nettes Sümmchen hinblättern!

In unseren Augen so richtig heikel und gefährlich ist die leider nicht selten vorkommende Eigenbehandlung einer Gehörgangsentzündung mit einem im Haushalt noch vorhandenen und gern auch inzwischen abgelaufenen Ohrmedikament aus tierärztlicher Hand. Einerseits kann die Anwendung vieler Produkte bzw. Medikamente (siehe oben) bei Vorliegen eines unerkannten Defekts (also eines kleines Loches) im Trommelfell schwere und vor allem längerfristige Schäden am Gehör Ihres Tieres verursachen. Auf der anderen Seite behindert eine Vorbehandlung im Zweifelsfall die vollständige und korrekte Diagnostik sowie die optimale medizinische Versorgung. Eine Zytologie mittels Abstrich oder aber eine Tupferprobenentnahme, um verschiedene Bakterien- und Pilzarten zu differenzieren und die passende Therapie zu ermitteln, fällt dann nämlich oft genug flach!

Die eigenmächtige Anwendung tiermedizinischer Gehörgangsmedikamente kann Symptome maskieren, was sich bei einem eventuell vorhandenen Fremdkörper (bestes Beispiel: Mäusegersten-Granne!) im weiteren Verlauf als so richtig verhängnisvoll erweisen kann. Genau aus diesem Grund verweigern wir auch die Abgabe solcher Medikamente ohne Untersuchung des betreffenden Tieres, obwohl wir damit oft genug auf Unverständnis stoßen.

Lassen Sie uns also festhalten: Ein gesundes Ohr braucht keinerlei Pflegeprodukte, die die normale Keimflora des Ohres sogar heftig aus dem Gleichgewicht bringen können. Und ein krankes Ohr, ja, das braucht eben eine vollständige Untersuchung! Abwarten oder gar Selbstbehandlung sind keine Lösung! Allein schon deshalb, weil so eine Ohrenentzündung ziemliche Schmerzen bereiten kann. Wer als Kind mal das „Vergnügen“ hatte, weiß wovon ich rede.

So ein kurzer Artikel kann die Komplexität der Gehörgangserkrankungen nicht mal annähernd darstellen. Dazu müsste man zum Buchformat übergehen. Ich will nur deutlich machen, dass es a) echt kompliziert sein kann, und Sie deshalb b) bitte die Finger weglassen und schnell einen Termin in Ihrer Tierarztpraxis vereinbaren sollten!

In diesem Sinne, halten Sie die Ohren steif!

Johanne Bernick

30/05/2024

Vor ein paar Jahren habe ich mal kurz über Impfungen und wie ich das bei mir handhabe geschrieben.
Seit dem hat sich viel geändert.
Das wichtigste vorneweg: Die Stiko-Vet (die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin) – ja auch die gibt es – hat ihre Empfehlungen deutlich angepasst.
Aber auch ich habe viel dazugelernt, habe Seminare besucht und deshalb auch mein Impfverhalten als Tierärztin verändert. Und weil es mir um Informationen geht und nicht um einen langatmigen Artikel hier die Fakten kurz und knapp – und hoffentlich für jeden nachvollziehbar.
Bei den Impfungen unterscheiden wir zwischen CORE und non-CORE Impfstoffen. CORE heißt dass es um eine Impfung geht die im Prinzip jedes Tier haben sollte – zumindest von der Idee her, um einen möglichst guten „Herdenschutz“ zu gewährleisten. Non-CORE sind solche Impfstoffe, die man nur von Fall zu Fall anwendet.

1. Es gibt in Deutschland keine Impfpflicht für Hunde und Katzen.

2. Tollwut
Tollwut ist eine anzeigepflichtige Tierseuche und untersteht dem Seuchengesetz. Da sie aber schon seit 2007 in Deutschland nicht mehr vorgekommen ist (außer bei ein paar vereinzelten Fledermäusen in der Eifel) wird sie nun auch von der Stiko-Vet nicht mehr als CORE geführt, das heißt sie wird als minder wichtig eingestuft. Allerdings ist sie für den Grenzübertritt – auch innerhalb der EU und in Länder die ebenfalls als Tollwut-frei eingestuft sind – vorgeschrieben und so kommt man bei Auslandsreisen mit dem Tier nicht drum herum. Für GB braucht man inzwischen auch nur die Tollwut-Impfung.
Je nach Impfstoff wird 1xig mit mindestens 12 Wochen geimpft (der Impfschutz ist aber erst 3 Wochen später gültig) und dann wieder in einem oder gleich in 3 Jahren. Das 3jährige Intervall ist inzwischen der Standard.
Wenn möglich impfe ich Hunde und Katzen erst nach dem Zahnwechsel (also in der Regel mit 6 Monaten) und Katzen auch nur sehr ausnahmsweise, da sie normalerweise nicht ins Ausland mitgenommen werden.
Manche Tierpensionen verlangen eine Tollwut-Impfung. Ich persönlich würde immer versuchen eine Katze zuhause zu lassen, da für die meisten Katzen ein Ortswechsel ein Problem ist und enormen Stress bedeutet. Inzwischen gibt es ganz viele Organisationen und auch „Einzel“personen, die solche „in-house“ Betreuungen während des Urlaubs anbieten.

3. Staupe und Parvovirose
gehören zu den CORE-Impfungen, sagt die Stiko-Vet und ich stimme zu. Es gibt leider keinen 2fach Impfstoff mehr! Also ist die kleinste Variante der SHP (Staupe, Hepatitis und Parvovirose).
Eine Erstimpfung ist frühestens mit 4 Wochen möglich (wofür es inhzwischen einen 2er (SP) Puppy-Impfstoff gibt), die Regel ist aber 8 Wochen und dann eine Wiederholungsimpfung mit ca. 12 Wochen.
Es ist aber auch möglich Hunde nur 1xig mit 12 Wochen (oder älter) zu impfen. Die Gültigkeit der Impfung ist lt. Beipackzettel dann 3 Jahre. Die Stiko-Vet empfiehlt eine weitere Impfung nach 1 Jahr, was ein bisschen seltsam ist, da das je nach Impfstoff nicht mal der Hersteller empfiehlt. Da es – wie oben erwähnt – in Deutschland (und übrigens auch für den innereuropäischen Grenzübertritt) keine Impfpflicht für diese beiden Erkrankungen gibt ist es ebenso möglich einen TITER zu bestimmen anstatt nach 3 Jahren einfach nachzuimpfen. Es gibt sehr zuverlässige Schnelltests für die Praxis, bei denen man innerhalb von 30 Minuten weiß ob das Tier geschützt ist oder nicht. Wenn dem so ist kann man sich eine Wiederholungsimpfung erst mal sparen. Eine Wiederholung des Titer-Tests ist jederzeit möglich.
Sollte Ihr Hund auf den Hundeplatz gehen und/oder in die Hundepension (Katzenpension), so ist es sinnvoll zu klären ob eine Titer-Bestimmung akzeptiert wird – oder noch besser, die Betreiber aufzuklären dass ein Titer die sicherere Alternative ist, weil man dann WEISS, dass das Tier auch wirklich geschützt ist.
Tierärzte, die solche Titer-Schnelltests anbieten sind oft auch gerne bereit mal einen Vortrag darüber zu halten, wenn das gewünscht wird.

Bei Katzen ist es vor allem die Parvovirose (dort auch als Katzenseuche bekannt), die man grundimmunisieren sollte, vor allem wenn es sich um Freigänger handelt. Für Katzen benutze ich ausschließlich Impfstoffe ohne Zusatzstoffe. Dort gibt es die Parvovirose nicht als Einzelimpfstoff sondern nur im Pack mit „Katzenschnupfen“, der damit auch abgehakt wäre.
Katzen können im schlimmsten Fall mit der Bildung von Hauttumoren, den gefürchteten Fibrosarkomen, auf Impfungen reagieren, deshalb mache ich Impfungen (und Injektionen generell) bei Katzen so selten wie nur irgend möglich. Man kann bei reinen Hauskatzen den Sinn und Zweck von Impfungen auch grundsätzlich diskutieren, aber das ist vielleicht mal ein Thema für einen späteren Zeitpunkt.

4. Leptospirose
ist eine potentiell auch tödlich verlaufende bakterielle Infektion bei Hunden. Die Stiko-Vet stuft sie inzwischen als CORE Impfung ein.
Dazu ein paar Anmerkungen von mir persönlich: Die Schwere einer solchen Erkrankung ist abhängig vom Alter und Immunstatus eines Hundes. Viele Infektionen laufen bei älteren Hunden subklinisch, also völlig ohne Symptome ab.
Die Übertragung geschieht vor allem über den Urin von Mäusen – aber auch (viel seltener) über den Urin infizierter Artgenossen. Erwähnt wird auch die Übertragung über Pfützen und stehende Gewässer.
Die Leptospirose Impfung ist als L, L-multi oder L4 erhältlich. Die L4 beinhaltet mehr Bakterienstämme als die L, die nur gegen zwei relativ gut schützt. Grundsätzlich ist der Schutz bei der Lepto-Impfung – wie bei allen bakteriellen Infektionen – nur bedingt möglich, da der Organismus auch bei einer „natürlichen“ Infektion nur eine teilweise und zeitlich begrenzte Immunität aufbauen kann. Es ist eine jährliche Nachimpfung nötig, und wenn überhaupt geimpft wird das dann im frühen Frühjahr gemacht, um den möglichst besten Impfschutz über die Sommermonate zu gewährleisten. Es gibt Literaturangaben die zwischen 6 Monaten und 3 Jahren liegen was den Impfschutz angeht. Sogenannte Impfdurchbrüche sind im Vergleich zu den anderen Impfungen (ausgenommen Zwingerhusten) relativ häufig, d.h. Hunde infizieren sich trotzdem, was sicher auch daran liegt dass es über 100 Stämme der Leptospiren gibt und die Impfung sich nur auf wenige wesentliche beschränkt.
Da gerade bei der L4 in der Literatur viele Nebenwirkungen – z.T. auch sehr heftige – beschrieben sind, ist es meiner Ansicht nach immer eine Risiko-Nutzen Abwägung ob man einen Hund impft oder nicht und eine individuelle Entscheidung, die mit dem Tierarzt/der Tierärztin genau besprochen werden sollte.

5. Die anderen Impfungen
Hepatitis Contagiosa Canis (HCC)
ist in Mehrfachimpfstoffen enthalten, die dann z.B. SHP oder DHP (Distemper = englisches Wort für Staupe) heißen. Da das Auftreten von HCC in Deutschland sehr stark gesunken ist wird sie nicht mehr als CORE vaccine geführt und nur im Einzelfall empfohlen.
Zwingerhusten
wird ebenfalls nur im Einzelfall empfohlen – z.T. bei Ausstellung noch vorgeschrieben. Meine persönliche Erfahrung ist, dass Hunde daran erkranken ob sie geimpft sind oder nicht. Eine Impfung garantiert auch nicht immer einen leichteren Verlauf. In der Regel ist die Erkrankung nach ein paar Tagen überstanden und man braucht nur in den seltensten Fällen Antibiotika. Deshalb habe ich für meine Praxis entschieden Zwingerhusten nicht mehr regelmäßig zu impfen.
Lyme-Borreliose
wird hauptsächlich durch Zecken übertragen. Die Impfung ist allerdings zu wenig an die in Deutschland hauptsächlich vorhandenen Serotypen (also die häufigsten Erreger) angepasst und deshalb auch wegen ihrer nicht wenigen Nebenwirkungen nicht zu empfehlen. Das Risiko/Nutzen-Verhältnis fällt einfach zu schlecht aus.
Leishmaniose
kommt inzwischen auch in Deutschland vor und wird von Sandmücken übertragen. Die vorhandene Impfung schützt allerdings nicht vor der Erkrankung sondern nur vor den klinischen Symptomen und wird allgemein eher kritisch gesehen, da auch hier gravierende Nebenwirkungen beschrieben sind. Da es sich bei der Leishmaniose um eine regional begrenzte Problematik handelt ist es sinnvoller hier anderweitige Prävention anzuwenden.
Leukose
bei der Katze sollte auch nur geimpft werden, wenn Katzen einer direkten Gefährdung ausgesetzt sind (was sich in der Regel auf Zuchten oder TH beschränkt). Vor allem auch deshalb, weil die Leukose Impfung ganz speziell mit den sog. Fibrosarkomen in Verbindung gebracht wird.

Natürlich sind Impfungen immer eine individuelle Entscheidung und sollten mit Ihrem Tierarzt/Ihrer Tierärztin besprochen werden. Dennoch ist es meines Erachtens ein Grundprinzip so wenig wie möglich und so viel wie nötig zu impfen. Jede Impfung stellt für das Immunsystem eine Herausforderung dar und es auch völlig klar, dass nur absolut gesunde Tiere geimpft werden sollten und so wenig Stress wie nur möglich dabei entstehen sollte, so dass der Organismus optimale Bedingungen hat mit dieser Herausforderung umzugehen.
Titer-Kontrollen werden leider immer noch viel zu selten gemacht obwohl sie eine wunderbare Möglichkeit sind den Immunstatus eines Tieres zu überprüfen.
Genau wie die Kastrationen sollten auch Impfungen kein 08/15 Standard sein – sie sollten abgewogen und sinnvoll eingesetzt werden – denn nur dann können sie erfolgreich zur Gesundheit unserer Haustiere beitragen.

Beatrice Milleder, prakt. TÄ
Copyright 2024 (updated version)
Darf gerne geteilt werden.

Übrigens - die WSAVA (World Small Animal Veterinary Association) empfiehlt in ihren Impfrichtlinien (Vaccination Guidelines) so wenig wie möglich nachzuimpfen und dafür Titer-Tests zu machen. Diese Empfehlung stammt von den führenden Veterinär-Immunologen auf diesem Planeten. Nur so als Gedanklicher Anstoß.

Ach ja - und eins noch, weil mir das gerade in der Praxis öfter unterkommt. Ein erwachsener Hund, dess Impfstatus man nicht kennt, oder dessen Impfintervall überschritten wurde MUSS NICHT NOCHMALS grundimmunsiert werden! Man impft einfach EINMALIG weiter! Und ja - das ist auch evidenzbasiert, immunologisch abgesichert!

Sehr interessant!
19/04/2024

Sehr interessant!

***Die unbekannte Gefahr - DUMMY FOAL (Fehlanpassungssyndrom)***

Die Fohlensaison 2019 hat begonnen - Ich wünsche allen Züchtern eine erfolgreiche und vor allem komplikationslose Fohlensaison. Aber auch heuer möchte ich auf das Fehlanpassungssyndrom hinweisen, dass immer vermehrter auftritt.
Da ich in den letzten Jahren bei zwei Züchtern miterlebt habe wie zwei offensichtliche "Dummy Foals" eingegangen sind, da weder Züchter noch Tierärzte von dieser "Gefahr" wussten und auch heuer wieder bereits Züchterkollegen "Dummy Foals" hatten und einfach viel zu viele Leute noch nie etwas davon gehört haben und somit das Überleben solcher Fohlen gefährdet ist, möchte ich diesen Post eröffnen.

DUMMY FOAL was ist das? - Ein Dummy Foal ist ein Fohlen das die Geburt sozusagen "verschlafen" hat. Meisten waren es sehr schnelle Geburten mit keinen eindeutigen Geburtsphasen. Das Fohlen hatte also keine Zeit sich vorzubereiten. Dummy Fohlen verhalten sich nach der Geburt recht eindeutig. Sie zeigen keinen Saugreflex, lassen ihren Kopf hängen, laufen im Kreis oder Rückwärts und kauen sehr oft in die Luft. Diese Anzeichen sollten ein Warnsignal für alle Züchter sein - Ihr Fohlen ist noch nicht auf dieser Welt angekommen!
Werden Dummy Fohlen nicht auf diese Welt geholt, versterben sie meistens in den nächsten Tagen/Wochen.
Was also tun? - Dummy Fohlen müssen "noch einmal geboren" werden. Dies geschieht mit dem sogenanten "Foal Squeezing"...also ein fesseln des Fohlens. Das Fohlen fällt damit in eine Art "Schlaf" und der Geburtsvorgan startet sozusagen erneut. Das Squezzing, also das Fesseln sollte ca 20min durchgeführt werden. Die Fohlen fallen wirklich selbstständig in den Schlaf. Wärend der 20min sollte das Ende des Seiles immer auf leichten Zug bleiben. Wenn das Fohlen wieder entfesselt wird verhält es sich in der Regel wie ein neugeborenes. Das Fohlen schüttelt sich mehrmals und beginnt recht schnell mit der Suche nach dem Euter. Das "Fehlverhalten" ist weg und ihr Fohlen hat endlich den Weg auf diese Welt gefunden.
Genauere Infos, z.B. wie man die Fohlen "fesseln" muss, findet ihr unter anderem hier: http://www.equineneonatalmanual.com/foalsqueezing
Auch auf Youtube gibt es schon einige Erfahrungsvideos bzgl. Dummy Fohlen.

Da vermehrt die Frage "Was passiert da genau?" aufkam, möchte ich hier nochmal genauer darauf eingehen, was bei einem Dummy Fohlen bei der eigentlich Geburt NICHT und bei dem Squeezing dann passiert.
Es wurde recht lang vermutet dass für das Fehlanpassungssyndrom ein Sauerstoffmangel bei der Geburt verantwortlich ist. Jedoch sind schnelle Geburten der meiste Grund für Dummy Fohlen und bei richtiger Behandlung erholen sich die Fohlen komplett daher hielt Professor John Madigan von der Veterinäruniversität der US Davis Sauerstoffmangel für ausgeschlossen.
Er hat eine kleine Forschungsgruppe zusammengestellt die sehr schnell auf ein Hormon gestoßen sind, die bei Fohlen während sie ihm Mutterleib sind produziert werden. Diese Hormone wirken wie eine Art Beruhigungsmittel, damit das Fohle sich einigermaßen ruhig im Mutterleib verhält.
Da das Fohlen als Fluchttier aber nach der Geburt sofort da komplett fit sein muss, wird bei der eigentlichen Geburt durch den Druck des Geburtskanals ein Schalter im Gehirn umgelegt und die Produktion des Hormons gestoppt.
Bei zu schnellen Geburten passiert dies nicht und die Hormone werden auch nach der Geburt weiterhin ausgeschüttet. Dies konnte das Forschungsteam bei betroffenen Fohlen im Blut feststellen.
Aus diesem Grund entwickelte Prof. Madigan, das oben im Link angeführte "Foal Squezzing",durch dass beim Fohlen ein Druck auf den Torso ausgeübt werden soll um den Geburtsvorgang nochmal zu imitieren und damit die Hormonproduktion zu stoppen.

Sollte ein Fohlen "Auffälligkeiten" zeigen, sollte auf jeden Fall der Tierarzt verständigt werden und als allererste die Vitalzeichen (Körpertemperatur,Puls..) kontrolliert werden.
Sollte das Fohlen Fieber haben, wird der Tierarzt eine entsprechende Therapie durchführen, ein Dummy-Fohlen ist eher ausgeschlossen.
Auch Fohlen mit Selenmangel zeigen ähnliche Symptome, der Tierarzt sollte daher einen Bluttest durchführen, der dies ausschließt.
Auch Fohlen mit zu niedriegen Immunglobolinen zeigen Symstome eines Dummy Fohlens. Sollte das Fohlen anfänglich also normale Verhalten zeigen und sich der Zustand dementsprechend verschlechtern, sollte vom Tierarzt ein Snap-Test durchgeführt werden um die Immungloboline zu bestimmen.
Sollten alle Werte des Fohlens in Ordnung sein, aber dennoch oben genannt Symptome zeigen, sprecht Euren Tierärzten auf das Fehlapassungssyndrom (Dummy Fohle) an, und zeigt ihm gegebenenfalls diesen, der ähnliche Beiträge.
Auch kommt es vermehrt vor dass Fohlen aktiv und fit wirken, aber einfach keinen Saugreflex haben, auch hier hat sich das Squezzing bewährt. Sprecht mit euren Tierarzt und handelt im Fall der Fälle einfach selbst, man kann eigentlich nichts falsch machen, man kann nur Leben retten.

Dieser Beitrag darf bzw. sollte sehr sehr gerne geteilt werden, damit mehr Dummy Fohlen eine Chance auf Leben haben!

Bildquelle: http://www.equineneonatalmanual.com/foalsqueezing

Weitere Links:
https://www.pferderevue.at/aktuelles/zucht/2017/09/innovative_wickeltechnikrettetfohlenleben.html

Adresse

Alte RömerStr. 58
Cologne
50769

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