
07/08/2025
Der Hochsommer ist die Zeit, in der sich die tropischen Seerosen in der Wilhelma von ihrer üppigsten Seite zeigen. Nachdem das Wetter in den zurückliegenden Wochen oft trüben Himmel und Regenschauer mit sich gebracht hat, spielen die bevorstehenden Sonnentage den Seerosen in die Karten. Wilhelma-Gärtner Achim Bauer-Henriques erklärt: „Unsere tropischen Seerosen sind wahre Sonnenanbeter. Wenn es sonnig und warm ist, entwickeln sie sich am besten. Dass der Sommer bisher eher zurückhaltend war, hat unsere Seerosenblüte verlangsamt. Rekorde werden wir damit dieses Jahr zwar nicht mehr feiern. Da es jetzt wieder sonniger und wärmer werden soll, wird die Blüte aber noch einmal richtig vorangetrieben.“
Die Blütenpracht im 650 m² großen Seerosenteichs, der mit 800.000 Litern des im Maurischen Garten entspringenden Mineralwassers gefüllt ist, zeigt sich aber dennoch nicht nur bei strahlendem Sonnenschein: Man unterscheidet bei den Seerosen nämlich zwischen Tag- und Nachtblühern. Letztere öffnen ihre meist weiß oder rötlich gefärbten Blüten am späten Nachmittag – sie blühen dann über Nacht bis in die Morgenstunden hinein. Die Tagblüher dagegen entfalten ihre in der Regel blauen oder gelben Blüten im Laufe des Vormittags. Gegen Abend schließen sie sich wieder. Nicht weniger beeindruckend als die Blütenvielfalt sind die auf der Wasseroberfläche aufliegenden Schwimmblätter der Seerosen. Einen spektakulären Anblick bieten die wagenradgroßen Blätter der Viktorien, der Riesenseerosen aus dem Amazonasgebiet. Am Seerosenteich der Wilhelma bilden die tragfähigen Blätter komfortable Ruheplätze für die heimischen Wasservögel – von den Teichrallen, die mitten im Seerosenteich brüten, bis zu den Graureihern, die hier auch den einen oder anderen Fisch erbeuten.
Tropische Seerosen haben in der Wilhelma eine lange Tradition: Schon König Wilhelm I. von Württemberg hat 1851 die Victoria amazonica züchten lassen – allerdings in seinen Gewächshäusern. Gut hundert Jahre später hielten die tropischen Seerosen dann Einzug im großen Mittelbecken im Maurischen Garten, wo ihr Anblick auch heute noch in den Sommermonaten für Begeisterung sorgt. Aktuell gedeihen dort jedes Jahr rund 40 unterschiedliche Arten und Sorten.
Während der Seerosenteich in erster Linie eine Attraktion für die Besucherinnen und Besucher darstellt, engagiert sich der Fachbereich Botanik der Wilhelma hinter den Kulissen auch für den Erhalt seltener Seerosenarten: Bereits 2024 wurden im Auftrag des Regierungspräsidiums Stuttgart Dutzende Exemplare der landesweit als stark gefährdet geltenden Glänzenden Seerose vorübergehend in den Bestand der Wilhelma aufgenommen, da ihr Heimatgewässer im Landkreis Schwäbisch-Hall einer Sanierung unterzogen werden muss. Eine noch größere Rarität ist die Nymphaea thermarum – die kleinste Seerose der Welt mit Blüten von der Größe einer Ein-Cent-Münze. Sie hat in der Natur ein sehr kleines Verbreitungsgebiet im Südwesten von Rwanda. Im Freiland galt sie mehrere Jahre als ausgestorben, bis sie 2023 wiederentdeckt wurde. Weiterhin gilt sie als vom Aussterben bedroht. Dr. Björn Schäfer, Leiter des Fachbereichs Botanik in der Wilhelma, erläutert: „Seit Juli haben wir die kleinste Seerose der Welt in unserer Obhut. Noch befindet sie sich hinter den Kulissen. Wir haben aber schon Ideen, wie wir sie unseren Besucherinnern und Besuchern ab dem nächsten Jahr präsentieren werden."