09/02/2025
Aus diversen Gründen setze ich mich seit längerem mit dem Thema Trauma und Nervensystem sowohl bei Menschen, als auch bei Tieren auseinander und frage mich je länger je mehr, weshalb viele Menschen und Tierhalter (ihren) Tieren soetwas wie traumatische Erfahrungen und deren Auswirkungen (Traumafolgeerscheinungen) absprechen oder sich einfach schlichtweg nicht damit auseinander setzen.
Tiere werden gezüchtet, verkauft, gekauft, transportiert, gehändelt, gepflegt und 'erzogen' also behandelt wie Objekte oder zumindest nicht wie lebende und vorallem FÜHLENDE Wesen. In einigen Fällen scheinbar ohne das Bewusstsein, was das eigentlich für das betreffende Individuum und dessen Nervensystem bedeutet.
Dass Distress ungesund ist und einen immensen Einfluss auf das Immunsystem, die Gesundheit und das Verhalten hat, ist dank Wissenschaften wie z.B. der Neuroimmunologie/ Psychoimmonologie mittlerweile bekannt.
Seit langem wird darüber diskutiert, ob und in welchem Ausmass Wirbellose (besonders z.B. Krebse, Hummer etc.), aber auch Wirbeltiere beispielsweise Fische, Schmerz empfinden können.
Was bei all diesen Diskussionen meiner Meinung nach oft auf der Strecke bleibt, ist die Tatsache, dass Tiere (nach neuesten Erkenntnissen jedoch auch (bedingt) Pflanzen) mit einem 'Nervensystem' ausgestattet sind, was bedeutet, dass das jeweilige Lebewesen Reize empfangen und dementsprechend darauf reagieren kann mit dem Ziel, so unbeschadet wie möglich zu überleben. Das wiederum bedeutet, dass schädigene Einflüsse erkannt und diesen möglichst ausgewichen wird.
Diese Vorgänge spielen sich nicht immer bewusst, sondern oftmals unterbewusst und autonom ab.
Mit diesem Wissen sollte einem eigentlich auch klar sein, dass schädigende Reize oder Einflüsse ZUMINDEST unbewusst als unangenehm, (schadhaft oder gar schmerzhaft) wahrgenommen, im Körpergedächtnis gespeichert und mehr oder weniger gut verarbeitet werden.
Wer schon einmal erleben durfte, dass Fische sich z.B. durchaus die Farbe, Form Form etc. eines Fangnetzes und/ oder das Aussehen oder die Schrittfolge des Fängers merken können und dementsprechend darauf reagieren, kann sich diese Mechanismen bildhaft vorstellen und weiss was ich damit meine.
Tiere haben normalerweise sehr ausgeklügelte Mechanismen, um einen Schock, wie z.B. den des gefangen und fixiert werdens zu verarbeiten. Allerdings können diese Mechanismen in Gefangenschaft oder im 'falschen' Setting nicht immer greifen. Wenn also Flucht oder Kampf nicht möglich sind oder tot stellen nicht nachhaltig erfolgsversprechend ist, kann das unter Umständen zu Übersprungshandlungen oder Verhaltensauffälligkeiten bzw. Verhaltensstörungen, sehr oft in Form von stereotypen Verhaltensweisen, wie z.B. dem Schwanz jagen bei Hunden, dem in der Ecke hoch und runter Schwimmen bei Fischen, dem Weben bei Pferden oder Elefanten etc. führen. Dies sind alles versuchte Bewältigungsstrategien und Anpassungsleistungsversuche eines Organismus auf potentiell schädliche/ tödliche Einflüsse.
Aus der Forschung weiss man, dass solche Erfahrungen bei einer unzureichenden Verarbeitung bzw. Abreaktion zu Nervensystemverknüpfungen führt und auch an Folgegenerationen weiter gegeben werden können.....dies nennt man dann transgenerationale Traumata. Man weiss mittlerweile auch, dass solche gespeicherten Körpergedächtnisinformationen durch diese Weitergabe Einfluss auf die Genetik eines Organismus haben können, im Positiven, wie im Negativen (dies nennt man Epigenetik).
Oftmals denken wir, dass das Lernen mehrheitlich auf einer bewussten Stufe statt findet, aber ein sehr grosser Teil des Lernens spielt sich eben auch auf einer unbewussten Ebene eines Organismus bzw. Individuums statt.
So kann es z.B. dazu führen, dass Fische (bzw. Tiere allgemein), welche ihres natürlichen Brutverhaltens (meistens aus wirtschaftlichen Profitgründen) beraubt werden, Strategien entwickeln, um diesem Prozess zukünftig zu entkommen (z.B. bei Maulbrütern frühzeitiges Schlucken oder Ausspucken der Eier oder Jungtiere und diese Strategie eventuell an die nächsten Generationen (z.B. durch Epigenetik) weiter geben. So können wiederum Folgegenerationen entstehen, welche ihre Eier entweder direkt oder im Verlauf des weiteren Brutgeschehens schlucken oder ausspucken.
Der Organismus verbindet also das Fressen bzw. Ausspucken der Brut mit 'Sicherheit' oder in Ruhe gelassen werden (dies alles ist eine vereinfachte, beispielhafte Darstellung sehr komplexer Prozesse).
Kurz zusammengefasst:
Schlechte Erfahrungen prägen sich ein... nicht nur in unser bewusstes Gedächtnis, sondern in unser Körper Gedächtnis, ergo unseren gesamten Organismus, schlimmstenfalls auch in unsere Gene und beeinflussen so eben auch auf einer sehr unbewussten Ebene unser (Lern-)Verhalten.
Dieses Bewusstsein sollten wir in unseren Alltag und unseren Umgang mit uns selbst, unseren Mitgeschöpfen, sowie mit unseren Tieren integrieren. Verhaltensauffälligkeiten machen aus Sicht eines Organismus immer irgendwie Sinn.
In diesem Sinne: "Sorgt gut für euch und eure Lieben 🩵 !"